@Fritz, danke für den Hinweis, darauf komme ich noch zurück.
Machen wir weiter mit dem Ventiltrieb.
Der Ventiltrieb besteht aus den Komponenten: Nockenwelle, Stössel, Stösselstangen, Kipphebel, Ventilfedern und Ventile (schon gezeigt). Ich hoffe, die Bezeichnungen stimmen so. Ich habe sonst immer nur mit den englischen Ausdrücken zu tun.
Ich habe mich für mechanische Rollerstössel entschieden. Ich bin mir bewusst, dass diese für den Alltag nicht das Wahre sind.
Rollerstössel öffnen einen gewissen Bereich an Nockenformen, welche mit den herkömlichen Flat Tappet Stösseln nicht zugänglich sind. Rollerstössel haben gegenüber den flachen Stösseln keine nennenswerte Nachteile, aber viele Vorteile.
Mechanische Stössel haben gegenüber Hydrostösseln Vor- und Nachteile.
Vorteile:
- Sie sind im Allgemeinen leichter. Und Gewicht ist für den Ventiltrieb im hohen Drehzahlbereich Gift.
- Sie sind günstiger (Falls das ein Entscheidungskriterium sein darf)
- Sie haben gegenüber Hydrostösseln den Effekt von Lifter Pump up bei hohen Drehzahlen nicht. Dieses Phänomen beschreibt David Vizard in seinen Büchern. Dieses Phänomen führt dazu, dass Hydrostössel in hohen Drehzahlbereichen im Allgemeinen nicht empfohlen sind.
Nacheile:
- Sie werden im Gegensatz zu Hydrostösseln mit Lash eingestellt. Dies bedeutet, dass im Ventiltrieb ein gewisses Spiel vorhanden sein muss. Hydrostössel werden im Gegensatz dazu ja ein wenig "vorgespannt"
- Durch dieses Spiel im Ventiltrieb wird der Ventiltrieb hörbar (Wird mich nicht gross kümmern)
- Ebenfalls durch dieses Spiel dürfte die Abnutzung wahrnehmbar grösser sein als bei Hydrostösseln
- Das Spiel muss regelmässig geprüft werden. Je agressiver die Nockenwelle, umso häufiger dürfte dies erforderlich sein.
Anbei meine Lunati Rollerstössel. Rollerstössel werden paarweise gekoppelt. Dies bezweckt, dass sie sich in der Stösselbohrung nicht um ihre Längsachse drehen können. Flache Stössel müssen sich drehen. Wenn es mir recht ist, drehen sich diese 1 oder 1/2 mal pro Nockenwellenumdrehung.
Man sieht hier eine Aussparung. Diese dient mitunter der Gewichtsreduktion. Oberhalb der Aussparung ist ein Loch zu erkennen. Durch dieses Loch wird Öl aus der Oil Galley zur Stösselstange und weiter zu den Kipphebeln geführt.
Das Stösselrad verfügt über ein Nadellager. Iskendrian Racing hat bei ihren Stösseln eine neue Laufradlagerung entwickelt, welche deutlich verschleissärmer sein soll. Dieses Rad ist dann in einer Bronzebuchse gelagert und mit Öldruck geschmiert. Lunati verfügt auch über Stössel mit zwangsgeölten Nadellagern. Die hier gezeigten haben das leider nicht. Da diese Stössel aufgrund der hohen Federkräfte regelmässig gewartet werden müssen, werde ich sie vermutlich nach dem ersten Zyklus durch diese Zwangsgeölten ersetzen.
Übrigens hatte ich ursprünglich vor, eine Iskendrian Racing Cam einzubauen. Das haben sie aber sehr erfolgreich verhindert, indem sie weder Mails, noch Telefonate noch Ihr eigenes Kontaktformular beantwortet haben.
Im Gegensatz zu allen anderen Motorenbauteile hatte ich bei der Nockenwelle ziemlich Schwierigkeiten, eine zu finden, von der ich mir erhoffe, dass sie in der Corvette funktionieren wird. Was man getrost vergessen kann, ist bei den Herstellern nachzufragen. Die erzählen dann genau das, was in der Beschreibung der Nockenwelle auf der Homepage zu lesen ist.
Für die Auswahl musste ich deshalb auf die mir verfügbare Literatur zurückgreifen, und das sind nun mal die Bücher von David Vizard. David Vizard hat als Zylinderkopfporter angefangen und baut und prüft Motoren. Aufgrund seiner enormen Prüfertätigkeit kann er auf riesiges Datenmaterial zurückgreifen und hat dann vorallem mit Flowtests Gesetzmässigkeiten insbesondere für die Nockenwelle, aber auch für Zylinderköpfe, Auspuffanlagen etc. erstellt. Er ist nicht ganz unbestritten. Aber irgendwo muss man nun mal anfangen und ich habe dies mit seinen Büchern gemacht.
Auf folgendem Bild sind einige der Parameter der Nockenwelle ersichtlich.
1. Intake center line
2. Exhaust center line
3. Intake duration
4. Exhaust duration
5. Overlap
6. Lobe centerline angle
7. Advance or Retard
Vizard warnt davor, die Nockenwelle nach der Dauer auszuwählen und nimmt einen anderen Ansatz. Er geht davon aus, dass je leichter ein Fahrzeug und je extremer Rennverwendung umso grösser muss die Überlappung der Nocken (Overlap) sein.
Ich will hier nicht sein gesamtes Werk ins Deutsche übersetzen, aber ein klein wenig muss ich erklären. Die Überlappung, welche in Grad gemessen wird, teilt er in 5 Sektoren ein.
1. 10-35°: Arbeitstrucks, low-end torque und verbrauchsoptimiert.
2. 30-55°: täglich gefahrene Fahrzeuge, gute Leerlaufqualitäten, low-speed Perfomance
3. 50-75°: Street/Strip, mit vernünftigen Strassenverhalten. (leichtere Fahrzeuge)
4. 70-95°: Oval Track, reine Strassenrennwagen und schwerere Dragrace Fahrzeuge
5. 90-115°: Dragrace Fahrzeuge.
Er empfiehlt, im Sektor 3 im unteren Bereich auf Nummer sicher zu gehen. Weshalb ich für mich den Bereich von 50-60° festgelegt habe.
Das nächste Kriterium, welches er ins Feld wirft ist der LCA (lobe centerline angle).
Mit obiger Gesetzmässigkeit liege ich auf der 22er resp. etwa bei 107° LCA. Dieser Wert wird noch durch einige Parameter, wie bspw. der Verdichtung angepasst, wodurch ich auf 108° optimalem LCA komme. Bei diesem Ansatz scheiden sich übrigens die Internetgeister. David Vizard gibt an, diese Gesetzmässigkeit mit Test heuristisch erhalten zu haben, indem er Nockenwellen mit gleicher Nockenform und unterschiedlicher LCA gegeneinander getestet hat.
die originale L46 Nockenwelle hat 114° LCA. Dies so zum Vergleich. Früher hatten alle Nockenwellen mehr LCA. Mit grösserem LCA wird aber auch zu gross gewählte Duration kaschiert, da damit gleich auch wieder der Overlap verkleinert wird, und dieser bestimmt massgeblich ob es ein Low-end Torque oder ein high-end Torque Motor wird.
Mit diesen beiden Angaben kann man aber noch lange keine Nockenwelle aussuchen. Aber man kann die Dauer einer Nocke rückrechnen.
Unter der Annahme, dass beide Nocken gleich sind: ergibt sich folgender geometrische Zusammenhang: Duration = 2x ((Overlap/2)+LCA).
Mit den Werten Overlap: 60°
und LCA: 108°
ergibt sich für die Duration 280°
Und mit diesen Werten bin ich auf die Suche gegangen und bei Lunati fündig geworden.
Darf ich vorstellen Lunati Voodoo L40120733
Duration im Bereich 280, LCA 110. Hätte ich gewusst, dass man ohne Weiteres beim Camgrinder anrufen kann und eine Grindnummer mit alternativer LCA bestellen kann, hätte ich das gemacht.
Hier sieht man auch gleich noch die Ventilhebung .585 und .600 für Ein- und Auslassventil. Dies gilt für ein Kipphebelverhältnis von originalen 1.5. Zum Vergleich: die L46 Nockenwelle hat folgende Spezifikationen:
Stock L46
Intake/Exhaust lift 0.450/0.460
Intake/Exhaust Duration 222/222
LCA: 114
So genug Text, noch einige Bilder:
Gut sichtbar die fast schon rechteckige Nocke. Charakteristisch für eine "agressive" Nocke: Schnell auf, lange offen, schnell zu. Die Nockenwelle ist übrigens aus Billet Steel, das heisst aus dem Vollen gefräst und damit auch härter als übliche. Dies sorgt aber für Probleme beim Pumpenstössel und auch beim Verteilerritzel, welche sich dann innert kürzester Zeit abnutzen.
Deshalb wird von Lunati ein gusseisernes Verteilerritzel aufgepresst, wie hier sichtbar. Der Pumpenstössel, den ich vorgesehen habe, besteht aus Kohlefaser mit Einsätzen aus Bronze. Diese sollen sich weniger schnell abnutzen. Wie ich mittlerweile herausgefunden habe, gäbe es für den Pumpenstössel auch eine Rollerlösung. Mal sehen, vielleicht tue ich mir das auch noch an.
Noch ein Wenig Trivia zur Nockenwelle.
Die Lunati Voodoo Nockenwelle ist ein Design von Harold Brookshire, welcher in den 80ern das Nockenwellensortiment von Comp-Cams designt hat. Von ihm stammt die bekannte Linie der High Energy Nockenwelle von Comp Cams. Nach einer selbstständigen Periode hat er dann als Angestellter von Lunati, das gesamte Sortiment von Lunati erneuert und schliesslich die Voodoo Linie erstellt, welche nach seinen eigenen Angaben über die steilstmöglichen Rampen verfügt. Dadurch wird erreicht, dass sich das Powerband über einen breiteren Drehzahlbereich (bei mir 2800-7200) verteilt im Gegensatz zu anderen Nockenwellen mit denselben Öffnungszeiten, der Leerlauf bleibt im annehmbaren Rahmen und der Motorunterdruck geht nicht komplett drauf (für den Bremskraftverstärker wirds trotzdem nicht reichen, auch nicht für die Lampen und die anderen Unterdruckaggregate, aber zumindst für die Crankcase Ventilation). Sein eigenes Zitat zu dieser Voodoo Serie: "Oct 2004---Lunati introduces the VooDoo cams. And they really work good....."
Selbstverständlich hat diese Nockenwelle aber auch seine Schattenseite
. Ich warte hier schon sehnlichst auf die kritische Bemerkung von Fritz...