(11.04.2021, 10:42)thocar schrieb: Als Laie denkt man immer, so ein Ventil bewegt sich, abgesehen von einer gewissen Rotation, nur auf und abwärts.
Leider hopst das gesamte Zeug von Ventil und Ventilfeder wirklich so verrückt im Motor herum. So ab 100 PS/Liter wird das Thema aktuell und immer bösartiger, um so schwerer die bewegten Teile sind und um so mehr die Drehzahlen des leistungsgesteigerten Motors die Nenndrehzahl des Serienmotors überschreiten. Da verhält sich mancher Motor recht cholerisch. Dreht fein und sauber hoch und ab einer gewissen Drehzahl - zack - fängt es unter dem Ventildeckel zu rascheln an und Sekunden später wird das Ding zur Bombe. Besonders kurze Steuerzeiten sind da recht anfällig, den Motor zu zerlegen.
Wer sich einmal dazu die mathematischen Grundlagen der Nockenwellenberechnung anschauen möchte, kann das hier tun:
https://www.cds-valvetrain.com/design-mode
Der Inhaber des Unternehmens war damals der Mathematiker, der aus meinen Gedanken und Anregungen innerhalb einer hauptberuflichen Zusammenarbeit diese Software programmierte. Zuerst innerbetrieblich, dann ging er mit mir gleichzeitig um 1993 in die freiberufliche Tätigkeit. Es gab alsbald wegen der Software Zerwürfnisse, denn ich hatte mein Wissen von Paul Rosche, dem legendären Vater der BMW Formel 1 Motoren und seinen Mitarbeitern und es war für mich eine klare Entscheidung, dieses Wissen zwar als Anwendung im Ergebnis zu benutzen, aber nicht jedem zugänglich zu machen, insbesondere nicht als käufliche Software.
Rosche ging mit seinem Wissen nicht gerade mit der Gießkanne zu jedem Mitarbeiter. Und für mich war es undenkbar und ein Frevel, dieses Wissen in eine frel käufliche Software zu pressen. Ich habe vor Paul Rosche und seiner beruflichen Leistung aller größten Respekt, aber alle damals zu dieser Formel 1 Zeit waren um jede Minute froh, wo er nicht im Büro war. "Das waren noch Chefs". würde man heute dazu sagen. Aufmucken war absolut verboten. Wenn er ins Büro kam, konnte man eine Stecknadel fallen hören. Kurze Anweisungen, dann war er wieder weg. Zeigefinger in den neu eintwickelten Einlasskanal rein, dann "Jandl, moach doa an R8 rein", das war's dann schon. Der Arbeitsstil hatte Vorteile. Wir wussten, was wir zu tun und was wir lassen sollten. Hat auch seinen Charme gegenüber ermüdenenden PowerPoint Sitzungen ohne Ende und ohne Sinn.
Rosche sagt ja von sich in einem späteren Interview über diese Zeit er sei "erst über die Jahre danach milde geworden". Verständlich, der Druck auf die Formel 1 Truppe war enorm.
Eigentlich sollte die Software lediglich für den Entwurf als nicht für Dritte zugängliche Software dienen und die Nockenwellen eben das Geld einspielen. Die Dynamik des Markts, wenn ich dies so nennen darf, brachte aber alles ins Kippen. Die Nockenwellen und deren Erhebungen waren ab dem Zeitpunkt, wo diese in einem Kundenmotor von mir verwendet worden, schnell und einfach zu kopieren.
Im Prinzip hatte ich ein selbst zerstörendes System geschaffen. Umso besser diese Nockenwellen Leistung und starke und besonders dauerhaltbare Motoren schufen, umso mehr wurden diese Teile kopiert und nachentwickelt.
Unsere Wege trennten sich sehr schnell und friedlich. Seit über 25 Jahren ist jeglicher Kontakt abgebrochen. Vielleicht war es die scbnellste und intelligenteste Möglichkeit, dieses Wissen gewinnbringend zu verwerten. ich habe damals nur noch den Abt VR6 gemacht und einige Arbeiten für den DTM BMW M3 von Linder Rennsport. Hat auch Spass gemacht, einen 2.5 Liter Vierzylinder auf 10.800 /min zu bringen.
Man kann hier noch einen draufsetzen, indem man diese gesamte Berechnungsverfahren mit Schwingungsberechnungen und weiterer Simulationssoftware koppelt. Die AVL in Graz ist da sehr kompetent und rechnet und simuliert das über den Gesamtmotor. Es ist aber ein riesiges Glasperlenspiel mit einem unbeherrschbaren Konstruktionselement.
Die aus gewickelten Federstahl gefertigte Ventilfeder.
Das war auch der weitere Schritt von Renault, hier mit Luftfedern eine neue Tür aufzustoßen. Denn, entgegen Federstahl hat Luft einen entscheidenden Vorteil.
Luft zerbricht nicht in aller kleinste Teile und zerstört den Motor binnen weniger Sekunden. Zur Beruhigung von Yannik kann man sagen, die Amerikaner haben gerade über die Indy 500 sehr viel über ihre Ventiltriebe und Ventiltrieb Auslegungen gelernt. Und ich nehme an, es besteht keine Neigung bei Jannik den Motor als Dauerbrenner auf der Autobahn einzusetzen.
Noch beruhigender .. Wir könnten keinen Motor in Nardo in der Hochgeschwindigkeit Erprobung schrotten nur auf dem Prüfstand. Da war die Drehzahl eben absolut konstant.